Lea ist eine echte Abenteurerin. Über 10000 Kilometer hat sie bereits zu Fuß zurückgelegt. Unter anderem in den USA oder auch auf Island. Während dieser beeindruckenden Fernwanderungen war sie alleine unterwegs! Uns erzählt sie heute von ihren verschiedenen Abenteuer und wie sie diese erlebt hat.

Auf der Suche nach interessanten Persönlichkeiten für die Stories Kategorie von Vanlife Schweiz haben wir „Blue Cheese“ Lea kennengelernt. Nicht nur ihre unglaublichen Wanderungen sind sehr beeindrucken und einzigartig. Ist sie gerade nicht zu Fuß unterwegs, dann arbeitet sie an ihrem Studium. In dieser Zeit lebt sie alleine in ihrem ausgebauten Van. Wir freuen uns, dass wir diese Vollblut Vanliferin als eine unserer Autoren vorstellen dürfen und sind gespannt ihre spannende Geschichten aus ihrem besonderen Alltag zu hören. Heute erzählt sie uns in einem sympathischen Interview von ihren Erlebnissen auf Wanderungen und ihrem Van.

Das Fahrzeug von „Blue Cheese“ Lea

Der Mercedes Sprinter ist eine beliebte Van Basis. Dieses Fahrzeug bietet viel Platz für Ausbauten und Stauraum. Ersatzteile sind gut verfügbar und das Modell Kastenwagen gilt als zuverlässiges Reisefahrzeug. Leas Sprinter diente früher als Krankenwagen.

  • Marke: Mercedes
  • Model: Sprinter
  • Jahrgang: 2000
  • Motorisierung: 114 PS
  • Treibstoff: Diesel (Ja, ich schäme mich)
  • Getriebe: Automatik
  • Verbrauch: Viel zu viel…. 11l/100km
  • Fahrzeugausbauer: Lea & Leas Papa

Lea erzählt uns von ihren Abenteuer

Das ganze Jahr auf Rädern zu leben ist für die meisten Menschen außergewöhnlich. Du hast dich entschieden in einem Fahrzeug zu wohnen und alleine damit unterwegs zu sein. Wie kam es zu dieser Entscheidung?

Bei mir war das ein ganz klassischer Fall von schlechter Lebensplanung gepaart mit übermäßigem Freiheitsdrang. Ich war zwei Jahre zu Fuß und als Backpacker mit dem Rucksack unterwegs. Ich habe gegen Ende der Zeit auch zwei Menschen kennengelernt, die in Deutschland dauerhaft in ihrem Bus leben, wodurch mir der Lebensstil erstmals wirklich in den Sinn kam. Als sich meine Reise dem Ende näherte, hatte ich immer mehr Bedenken. Ich wollte keine feste Wohnung haben, der Gedanke irgendwo in der Stadt hinter einer Betonmauer zu versauern, hat mir Angst gemacht. Gleichzeitig hat sich leider kurzfristig herausgestellt, dass mein Finanzierungsplan für das geplante Studium in der Schweiz nicht funktionieren wird. Also gab es die Entscheidung: Entweder das Studium absagen oder eine drastische Maßnahme ergreifen, um mit dem zur Verfügung stehenden Budget doch in die Schweiz ziehen zu können. Ich habe mich für Letzteres entschieden. Was konkret hieß, die sehr hohen Mietpreise hier zu umgehen und in einen Bus zu ziehen – was mir auch gleichzeitig ein riesiges Maß an Freiheit und Unabhängigkeit bietet, also die perfekte Lösung für mich. Mit unglaublich großer Unterstützung meiner Eltern beim Ausbau und der Finanzierung (eine eher ungewöhnliche Art, die Kinder beim Studium zu unterstützen, aber umso besser, dass sie da total dahinter stehen) ließ sich das Projekt „Vanlife“ also innerhalb weniger Tage umsetzen. Wir fanden einen günstigen alten Krankenwagen in der Nähe in guten Zustand. Zwei Tage später stand er bei uns in der Einfahrt und der Umbau ging los. Und zwei Wochen danach fuhr ich mit meinem Bus, den ich inzwischen Wilma getauft hatte und der mindestens für zwei Jahre mein Zuhause sein sollte, in Richtung Süden in ein neues Leben.

Deine Fahrzeugwahl fiel auf einen Kastenwagen und den Innenausbau hast du selbst gebaut. Warum wolltest du dein Fahrzeug selbst ausbauen und hast dich nicht für ein fertiges Mobil entschieden?

Die Entscheidung wurde auch eher aus praktischen Gründen gefällt. Ich hatte ein begrenztes Budget, was für einen Selbstausbau spricht. Da man bei fertig ausgebauten Modellen für das gleiche Geld oft keine zuverlässigen Fahrzeuge finden kann, zum anderen aber auch nur zwei Wochen Zeit, was für „fertig kaufen“ spricht. Letztendlich kamen wir auf die Idee mit dem Krankenwagen. Dort war die Verkleidung, Isolierung (leider hat sich diese Annahme als falsch heraus gestellt) und viel Elektronik schon verbaut, was Zeit spart und trotzdem einen eigenen Ausbau erlaubt – quasi eine Art Hybridlösung.

Zum menschlichen Wohlbefinden gehört ab und an eine gründliche Dusche zu genießen. Wie sieht deine Körper Pflege Routine im Fahrzeug aus? Erzähle uns von deiner Duschlösung im Van!

Da ich unter der Woche meistens in der Uni und oft in der Kletterhalle bin, wird einfach dort geduscht, meistens alle 2-3 Tage. Gelegentlich dusche ich auch mal bei Freunden, will aber keine Freundschaft überstrapazieren und versuche das zu vermeiden. Im Van selbst hab ich keine Dusche verbaut – Katzenwäsche oder mal schnell die Haare über dem Waschbecken waschen muss reichen. Wenn ich länger unterwegs bin, geht auch draußen in der Natur mit einem Eimer Wasser abwaschen (nur im Sommer). Im Winter dusche ich dann einfach nicht…. Funktioniert recht gut, bisher gab es keine Beschwerden.

Du bist oft alleine mit deinem Fahrzeug unterwegs und lebst ohne einen Partner in deinem Van. In welchen Situationen hättest du lieber jemanden an deiner Seite gehabt? Oder gab es bereits Situation in denen du sogar Angst in deinem kleinen Zuhause bekamst?

Obwohl ich viel alleine wandere, ist das tatsächlich das erste Mal in meinem Leben, dass ich auch allein wohne. Das ist mir am Anfang öfter aufgefallen, als ich noch relativ wenig feste Kontakte in der Schweiz hatte. Ich saß manchmal abends im Van und dachte, das jetzt ein bisschen Gesellschaft nicht schlecht wäre. Aber inzwischen habe ich das ziemlich gut ausbalanciert. Die Schweiz ist ja zum Glück das gefühlt sicherste Land der Welt, was Reisen hier recht entspannt macht. Ich hab irgendwie eine Art Paranoia entwickelt, dass sich irgendjemand von meinem Lebensstil gestört fühlen könnte. Beispielsweise irgendwem im Weg zu sein und habe daher öfters Angst, dass ich irgendwelche Regeln verletze und gleich Polizei oder das Ordnungsamt an der Tür klopft – was mich oft übervorsichtig sein lässt.

Aber außer einmal randalierenden, betrunkenen Jugendlichen nachts in einem Dorf in den Bergen, die mich in Wilma aus dem Bett gerüttelt haben, aber dann selbst Angst bekamen, als das Licht anging, hatte ich nie konkrete Situationen, in denen es Anlass gab, in Wilma Angst zu haben.

Du verbringst viel Zeit mit dem Van in der Stadt. Wie ist es im Großstadt Jungle im Kastenwagen zu leben?

Es ist ein komisches Leben. Ich hab oft das Gefühl, in der Stadt besser in der Anonymität untertauchen zu können als auf dem Land. Wilma ist von außen sehr unauffällig gehalten, die Fenster immer komplett abgedunkelt. Außer dem leisen Summen der Heizung verrät eigentlich nichts, dass sich überhaupt jemand in dem Bus befindet. Unter der Woche führe ich ein ganz normales Lebens. Studiere, arbeite, gehe meinen Hobbys nach, treffe Freunde. Statt abends in meine Mietwohnung zurück zu gehen, gehe ich eben in meinen Bus. Der Alltag ist also gar nicht so viel anders als für andere Menschen. Da mein Bus recht geräumig ist, habe ich auch selten das Gefühl, eingeengt zu sein. Wenn das doch mal vorkommt, habe ich eben die Möglichkeit, mich ans Steuer zu setzen, aus der Stadt raus zu fahren, manchmal nur für einen Abend, manchmal auch spontan für eine Woche in die Berge.

Eine deiner Leidenschaften sind lange und ausgiebige Wanderungen. In welchem Land wanderst du am liebsten?

Gar keine einfache Frage, da jedes Land seine eigenen Vorteile zum Wandern hat. Aber die besten Gegebenheiten findet man in den USA: unendliche Weite und unberührte Wildnis, die es in Europa nie geben würde. Ein riesiges Netz an erstklassigen aber trotzdem einsamen Fernwanderwegen, ein relativ sicheres Land, in dem man problemlos als Frau zu Fuß unterwegs sein kann und fettiges Essen, um die“verwanderten“ Kalorien wieder aufzufüllen – für mich der ideale Mix, in dem Land könnte ich gerne ein paar Jahre umher wandern und wandeln.

Du hast unter anderem den Pacific Crest Trail in Angriff genommen, eine über 4000 km lange Wanderung durch die USA. Welche Wanderung hat dich auf deiner Reise am meisten beeindruckt?

Am tiefsten hat mich die Überquerung Islands berührt. Die Route ist bisher erst ein Wanderer gegangen und das war vor zehn Jahren. Alleine wochenlang durch die lebensfeindliche Natur, die zwischen Eiswüste und Höllenfeuer alterniert, zu laufen, hat irgendetwas in mir bewegt. Ich habe mich noch nie so einsam, so klein aber gleichzeitig auch so frei und so eins mit der Natur gefühlt. Anfangs hatte ich das Gefühl, gegen die Natur und für mein Überleben dort zu kämpfen. Gegen Sturm, Eis und Lava, ist aus dem Kampf gegen die Wildnis eine Einheit mit ihr geworden. Ich habe mich gefühlt, als hätte ich meinen Platz gefunden, dass ich genau dorthin gehöre. Eine ziemlich skurrile Erfahrung, die schwer in Worte zu fassen ist. Die mich aber sehr geprägt hat und meine Liebe für die wilde Natur des Nordens nur noch schlimmer gemacht hat.

Ein Leben im Van finanziert sich nicht von selbst. Welcher Arbeit gehst du nach oder auf welche Art und Weise ermöglichst du dir dieses Leben?

Ich arbeite neben dem Studium auch an der Uni, damit lässt sich bei genügend Sparsamkeit das Leben im Bus relativ gut finanzieren und es bleibt am Ende noch was über für gelegentliche längere Wanderungen. Der Job ist relativ flexibel, sowohl zeitlich. Ich arbeite oft als Messhelfer bei Kampagnen. Dazwischen ist längere Zeit frei, um z. B. zu programmieren, Daten auszuwerten und Berichte zu schreiben. Dies lässt sich gut unterwegs vom Laptop aus erledigen.

Mittlerweile hast du einige Erfahrungen gesammelt und viele fremde Länder bereits. Welche Tipps und Tricks gibst du allein reisende Abenteurer weiter?

Am Wichtigsten ist es wahrscheinlich, keine Angst vom Alleinreisen zu haben, auch wenn das oft der schwerste Schritt ist. Alleine ist man so viel offener für seine Umwelt und neue Menschen. Um Geschichten trotzdem teilen zu können, finde ich es dann immer schön, Erlebnisse aufzuschreiben (auch wenn ich das nur sehr unregelmäßig mache). Und als kleinen Trick, damit ich nie ganz alleine unterwegs bin, habe ich immer drei Kuscheltiere dabei: Oskar, ein kleiner Schlüsselanhänger, der draußen an meinem Rucksack hängt, Lemoni, ein kleiner grüner Drache mit unverkennbarem Grinsen und natürlich Papabär, mein Teddybär, der seit 10 Jahren bei allen Abenteuern mit dabei ist. Hab schon unzählige Sonnenuntergänge vor dem Zelt geguckt und Papabär dabei erzählt, wie mein Tag war. Sonst würde ich es wahrscheinlich meinem Kochtopf erzählen, was die Sache auch nicht besser machen würde.

In deinen Instagram Stories sieht man dich des Öfteren in deiner Van Küche. Was ist dein absolutes Lieblingsrezept auf Rädern?

Außer Backofengerichten kann man in meinem Van eigentlich alles kochen, was das Herz begehrt. Mein Herz begehrt in 90 % aller Fälle Käse. Am häufigsten mache ich also irgendwelche bunten Gemüsepfannen, manchmal mit Pasta oder Linsen und dazu sehr, sehr viel Käse. Ich sag immer, eine Mahlzeit ohne Käse ist eine verlorene Mahlzeit. Und sonst gibt es einmal die Woche gibt’s die traditionellen Vancakes mit schön vielen Äpfeln, Zimt und Honig.

Auf engem Raum zu leben, bedeutet sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und Hab und Gut zu minimieren. Welche Dinge vermisst du aus dem ‚früheren‘ Leben?

Gar keine so einfache Frage, musste hier länger nachdenken. Ich habe meine letzte Wohnung vor fast vier Jahren aufgegeben. Die Dinge, die ich damals in Kartons gepackt habe, stehen immer noch unangetastet bei meinen Eltern im Keller. Vieles habe ich auch weggegeben. Früher habe ich sehr viel Musik gemacht, Klavier und Saxophon gespielt – das sind wahrscheinlich die einzigen Sachen, die ich manchmal vermisse. Mit dem Saxophon im Bus würde meine Anonymität in der Großstadt in Kürze auffliegen und die Nachbarn sich wahrscheinlich eher weniger freuen. Mein e-Piano hatte ich aber tatsächlich eine Zeit lang im Van dabei. Wenn man aber nicht täglich spielt, ist der Platz, den das recht sperrige Ding einnimmt dann aber doch etwas kritisch. Es ist also schon ein bisschen Schade, dass diese Leidenschaft von mir meiner Freiheitswut zum Opfer gefallen ist. Dafür habe ich durch diesen Lebensstil auch sehr viel Neues dazu gewonnen.

Pleiten, Pech und Pannen. Erzähle uns von deinem peinlichsten Erlebnis on the road!

Gelte ich jetzt als Langweiler oder was? Habe tatsächlich noch nie was richtig Peinliches mit dem Bus erlebt. Bei mir ist alles sehr zivilisiert (dafür umso mehr Stories vom Wandern…). Hier aber was zum Schmunzeln:

Habe einmal in einer recht schicken Gegend geparkt, saß am Laptop im Bus und schaute hinten aus dem Fenster raus (ist verdunkelt, man kann also nicht sehen, dass ich daheim bin). Da kam ein dicker Porsche Cayenne angefahren. Am Steuer eine aufgebrezelte Dame, Modell „mein Mann hat mir das Auto zum Geburtstag geschenkt“ und versuchte hinter mir in die wirklich geräumige Parklücke zu fahren. Leider hatte die Dame ihr Fahrzeug nicht ganz unter Kontrolle und ist mir schön hinten drauf gefahren. An Wilma hat sie keinen einzigen Kratzer hinterlassen, da der Krankenwagen hinten eine breite, federnd aufgehängte Trittstufe aus Metall hat. An ihrem Porsche war aber vorne eine ordentliche Delle zu erkennen. Die Dame lief draußen rum, vor sich hin schimpfend, während ich mich drinnen bei einer Tasse Kakao bestens über das Programm draußen amüsiert habe. Nur um einen Tag später beim Einparken das erste und letzte Mal bisher selbst an einem Schild hängen zu bleiben (ich schwöre, das stand vorher noch nicht da!). So läuft das mit dem Karma, oder?

Aktuell befindest du dich in der Schweiz und erkundest immer mal wieder die Schweizer Berglandschaft. Was sind deine Pläne für die Zukunft?

Bis Ende des Sommers schreibe ich noch an meiner Masterarbeit, danach ist noch alles ziemlich offen. Ich will auf jeden Fall nochmal ein halbes Jahr Zeit nehmen zum Wandern. Genauere Pläne gibt es aber noch nicht. Da ich die Forschung in meinem Feld (Glaziologie/Gletscherforschung) sehr spannend finde und die Schweiz hier eine hervorragende Adresse ist, kann ich mir gut vorstellen danach auch zu Promovieren. Wenn es eine passende Stelle gibt – und solange Wilma mitmacht, kann ich mir das mit dem Vanlife auch gut noch ein paar Jahre vorstellen.

Wir danken Lea für dieses ehrliche Interview und freuen uns über das herzliche Gespräch mit der abenteuerlichen Studentin. Wir wünschen ihr alles Gute für den Abschluss ihrer Masterarbeit und freuen uns weiterhin spannende Geschichte von ihren Reisen und Wanderungen zu lesen. Wer Lea auf ihren Abenteuern begleiten möchte, kann sie auf ihrem Instagram Kanal verfolgen.