Hast du schon Frostbeulen? Bist du noch nicht erfroren? Wie oft ich diese Fragen, gepaart mit einem mitleidsvollen Blick in den letzten beiden Wintern schon von besorgten Freunden gehört habe. Aber die Frage ist natürlich berechtigt: Wie sieht das Leben im Van in den trübsten, nassesten Monaten des Jahres bei mir wirklich aus?

Tatsächlich habe ich inzwischen viele Routinen und Tricks gefunden, die mir das Vanlife auch im Winter gut erträglich machen, trotzdem ist es nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen und ich wache jeden morgen bei strahlendem Sonnenschein vor tief verschneitem Bergpanorama auf. Sonst wäre das aber ja auch langweilig.

Damit Ihr Euch einen typischen Wintertag in Wilma ein bisschen besser vorstellen, könnt, nehme ich Euch heute mit auf einen ganz gewöhnlichen, durchschnittlichen Alltagstag. Viel Spaß dabei!

Mein Wecker klingelt zu unangenehm frühen Zeiten, ich bin kein Frühaufsteher – im Winter eher so vom Typ Winterschlaf. Ich wache sehr langsam auf und muss mich erst mal kurz orientieren, wo ich bin. In welche Richtung liege ich im Bett, wo habe ich Wilma heute nochmal geparkt?

Ich ziehe kurz Gardine am Heckfenster ein Stück zur Seite, um zu sehen, was die Welt draußen heute so zu bieten hat: Sehe ich Sterne über mir oder nur Nebel? Ist die Scheibe von innen so angelaufen, dass ich überhaupt nicht raus sehe, oder ist die Gardine schon wieder fest gefroren? Meistens ist es ziemlich dunkel und nass, aber das geht ja nicht nur mir im Van so.

Da Wilma leider nicht isoliert ist und die Heizung nur Abends für ein paar Stunden läuft, ist die Innentemperatur morgens meistens die Gleiche wie die Außentemperatur – was gar kein Problem ist, solange man mit einer dicken Wollmütze unter der warmen Bettdecke liegt. Jetzt steht aber die ist erste große Herausforderung des Tages an: irgendwann muss man auch mal aufstehen, von der schönen warmen Decke raus in Temperaturen, die meistens irgendwo um den Gefrierpunkt liegen. Möglichst schnell suche ich mir meine warme Jacke und ziehe sie über, setze heißes Wasser für Tee auf, klappe den Frühstückstisch überm Bett auf und decke ihn: Müsli, frisches Obst, Honig, ach Mist, in der Milch sind schon wieder Eisklumpen drin… danach klettere ich nochmal für eine Viertelstunde zurück unter die Bettdecke, genieße mein Frühstück und versuche, irgendwie wach zu bleiben. Da ich morgens nie lange daheim bin, lohnt es sich meistens nicht, die Heizung einzuschalten – eine Tasse heißer Tee muss zum Aufwärmen reichen. Wenn es draußen langsam hell wird, mache ich die Gardinen auf und schaue raus, wenn es noch dunkel ist, lasse ich sie zu und bleibe in meiner Wilma-Höhle mit guter Beleuchtung. Umsoütlicher finde ich es, jeden Morgen im Bett frühstücken zu können – eigentlich einfach nur eine zweckmäßige Lösung, weil es sonst einfach zu kalt ist, aber gleichzeitig auch eine der kleinen luxuriösen Freuden des Vanlifes.

Nach dem Frühstück kommt der ungemütlichste Part des Tages: endgültig unter der Bettdecke heraus in den eiskalten Van, in Höchstgeschwindigkeit anziehen, Geschirr mit Eiswasser spülen, eine Ladung erfrischend kühles Wasser ins Gesicht, Zähne putzen, die Mützenfrisur von letzter Nacht irgendwie in eine sozial akzeptierte Form bringen,

Handschuhe an und dann geht’s mit dem Fahrrad zur Uni bzw. Arbeit. So zumindest in der Theorie. Ich habe genug Tage, an denen ich mich nicht dazu überwinden kann, bei der Kälte meinen Schlafpullover gegen einen „richtigen“ Pullover zu tauschen und dann eben so rausgegangen bin, manchmal ist das Wasser im Tank eingefroren oder ich habe keine Lust auf eisige Finger und lasse das dreckige Geschirr in der Spüle stehen, manchmal ist die Jacke noch vom Regenschauer am Vorabend durchnässt und es macht keine Lust, sie anzuziehen. Wenn es mal ganz unangenehmes Wetter ist, gönne ich mir auch mal den Luxus, mit Bus und Bahn in die Stadt zu fahren – aber meistens genieße ich meine morgendliche Fahrradrunde, Bewegung und frische Luft hilft beim Wachwerden und den Kopf frei bekommen.

Ab da verlauft mein Tag eigentlich ziemlich „normal“, Vorlesungen, Arbeiten, Büro, Bibliothek, etc.

Wann immer ich mich dann dazu entscheide, nach Hause zu fahren, nehme ich immer eine große Flasche möglichst heißes Leitungswasser mit heim – klingt vielleicht komisch, aber diese Routine hat sich sehr bewährt. Zum Einen habe ich mir damit viel Energie beim Aufheizen gespart. Zum Andern ist es ein wichtiges Backup, wenn mein eigener Wasservorrat mal eingefroren ist. Dadurch habe ich genug zum Kochen und fürs Frühstück. Zuhause angekommen, wird – endlich – als Allererstes meine Dieselstandheizung angeworfen. Wenn Wilma allerdings so stark ausgekühlt ist, dauert es schon ca. eine Stunde, bis eine halbwegs gemütliche Temperatur erreicht ist (alles über 10°C gilt als warm). Während ich mir ein leckeres Abendessen koche, lasse ich meinen treuen Begleiter die Daunenjacke also erstmal weiterhin an.Wenn es richtig kalt wird, kann es schon mal passieren, dass mir mein Gemüse an einem Wintertag einfriert – ich benutze dann meine Kühlbox, die im Winter sowieso nie an ist, als Wärmebox, da es in der isolierten Kiste verhältnismäßig warm bleibt- dass +8° Celsius als „kalt“ gelten ist eben auch eher relativ… Bis das Essen fertig ist, ist es dann durch die zusätzliche Wärme des Herd endlich warm geworden in Wilma. Sodass ich meine Jacke ausziehen kann und es mir gemütlich machen. Am Liebsten natürlich mit einer Tasse Glühwein, um den Tag ausklingen zu lassen.

Diese Stunden am Abend genieße ich immer sehr. Wenn die Lichterkette brennt, geborgen in meinem gemütlich warmen hellen Zuhause, sitze ich auf meinem Sofa. Manchmal arbeite ich noch etwas, manchmal schaue ich noch einen Film oder lese ein Buch – ein ganz normaler Abend zu Hause eben.

Bevor es dann ins Bett geht, mache ich mir meistens eine Wärmflasche. Stecke meine Heizdecke für eine halbe Stunde ein, ziehe die Wollmütze und den Fleecepullover wieder an, schalte die Heizung ab, mache das Licht aus und schiebe die Gardine wieder ein Stück zur Seite, um der kalten, nassen Welt draußen eine gute Nacht zu wünschen.

Das ist also ein ganz normaler Wintertag in Wilma. Denkt Ihr, das ist ungemütlich? Es ist auf jeden Fall anders als jegliches Vanlife – Klischee, aber ich mag meinen etwas eigenen aber irgendwie auch wieder ganz normalen Van-Alltag. Auch im Winter.

Um damit also die so oft gestellten Fragen zu beantworten:

Nein, ich bin noch nicht erfroren, ja, manchmal ist es ziemlich ungemütlich und auch anstrengend, aber insgesamt gilt eben auch hier wieder, dass die Vorteile des Vanlifes für mich persönlich überwiegen.

Wenn man sich Abends mit einem Käsefondue in den gemütlichen, geheizten Van setzt, ist das Leben doch ziemlich in Ordnung, oder nicht?