Seit knapp drei Jahren reisen sie in ihrem Kastenwagen Karl durch Europa. Ihr Ziel: Alle europäischen Länder zu besuchen und dabei zahlreiche Abenteuer zu erleben! Steffi und Lui von comewithus2 gehören wohl zu den bekanntesten Vanlife Youtuber der Schweiz und geben mit ihren zahlreichen Videos einen Einblick in die unterschiedlichen Länder von Europa. Wir durften die zwei Thurgauer interviewen und haben dabei einige spannende Details über ihr Leben in Karl erfahren!

Dass aus ihrem Traum ein nun bereits fast vollendetes Projekt wurde, hätten sich Steffi und Lui vor einiger Zeit bestimmt nicht vorstellen können. Gemeinsam mit der Idee die Welt zu entdecken, entschieden sie sich zuerst Europa zu erkunden und dabei alle 47 Länder zu bereisen. Viele Länder kannten sie davor noch nicht und wurden von ihrer Vielfalt und Schönheit überrascht. Wie es zu dieser Entscheidung kam und  weshalb sie nicht zuerst die Panamericana bereist haben, erzählen sie im Interview.

Das Fahrzeug von Steffi und Lui

Der Opel Movano genießt nicht den Kult Status, wie einige andere Basis Fahrzeuge. Dennoch  ist dieses Modell eine solide Basis für den eigenen Camping Ausbau. Diese Kastenwagen können mit viel Platz punkten und das zu einem sehr guten Preis. Steffi und Lui haben bewiesen, das man auch mit diesem Van ganz Europa bereisen kann.

  • Marke: Opel
  • Model: Movano 2.5 Tdi H2L2
  • Jahrgang: 2001
  • Motorisierung: 2.5 Liter
  • Treibstoff: Diesel
  • Getriebe: Manuell
  • Verbrauch:  10 l/100km
  • Fahrzeugausbauer: Selbstausbau durch Vorbesitzer und Ergänzungen durch uns

Ihr habt euer Ziel, die 47 Länder von Europa zu bereisen beinahe erreicht. Wie kam es zu dieser außerordentlichen Idee?

Nach einer Weltreise im 2012/2013 waren wir wieder in den normalen Alltag eingetaucht, doch nach ein paar Jahren war klar, wir wollen nochmals richtig reisen. Panamericana oder die Seidenstraße standen hoch im Kurs. Doch wir erinnerten uns an die vielen Reaktionen von Einheimischen auf unserer Weltreise: Europa ist so toll! Wart ihr schon mal dort oder da? Und wir mussten diese Fragen oft verneinen. So kam die Idee, warum eigentlich nicht Europa bereisen? Und wenn schon Europa, dann wollen wir auch alle Länder unseres Kontinents sehen. So entstand aus einer Idee ein Traum und nun ist daraus schon eine fast abgeschlossene Reise geworden.

Seit zwei Jahren erkundet ihr den europäischen Kontinent mit dem eigenen Kastenwagen „Karl“. Weshalb habt ihr euch für diese Art von Fahrzeug entschieden?

Auch diese Entscheidung fiel auf der Weltreise. Dazumal waren wir mit Rucksäcken unterwegs, im ein oder anderen Land hatten wir aber auch Camper gemietet. Darunter ein riesen Wohnmobil in Kanada, einen Kastenwagen in Neuseeland oder ein Mini-Camper in Australien. Wir wussten, Reisen mit Camper macht uns total Spaß und die verschiedenen Fahrzeuge zeigten uns unsere Ansprüche an ein eigenes Fahrzeug ebenfalls klar auf: Stehhöhe, gute Küche, geräumiger Kühlschrank. Ein Wohnmobil wollten wir nicht, ein VW Bus hätte es aber fast gegeben. Angebot und schlussendlich auch der Preis fällte unseren Entscheid dann zugunsten von dem damals noch namenlosen Karl und wir sind darüber noch immer sehr glücklich.

Karl wurde von euch an einigen stellen modifiziert, umgebaut und aufgerüstet. Was genau habt ihr gemacht und verändert, damit dieser Van euer ideales Reisefahrzeug wurde?

Als Erstes musste der Stauraum optimaler genutzt werden, so zimmerten wir zahlreiche zusätzliche Abtrennungen und Etagen in den Schränken. Das elektrisch höhenverstellbare Bett wurde zugunsten einer manuell betriebenen Variante geändert, da wir in den ersten Tagen einige Probleme mit der Technik davon hatten. Mittlerweile ist das Bett noch einmal umgebaut und nun umbaubar in einen Tisch anstelle der Seilzüge.
Ein PortaPotti wurde fix installiert und eine PopUp-Dusche eingerichtet. Solarmodule unterstützen mittlerweile ebenfalls unser autark sein. Und ein kleiner aber für uns entscheidender Eingriff war das Loch in der Küchenzeile, durch dieses wir nun die Gasflasche, welche bei uns nur zum Kochen gebraucht wird, vom Inneren des Fahrzeuges auf- bzw. zudrehen können. Zuvor mussten wir dafür immer raus.

Und ein kleiner Spoiler: Geplant ist der Einbau einer Diesel-Standheizung und das Bett, wird wohl noch ein weiteres Mal umgebaut. Dann soll es höher gelegt werden für mehr Stauraum darunter sowie die Umbaulösung zu Tisch/Bank soll noch einfacher werden. Auch denken wir aktuell darüber nach, die Versorgerbatterien auf Lithium umzustellen.

Während der Reise durch die 47 Länder von Europa gab es bestimmt sehr viele nennenswerte Erlebnisse. Welches ist euch besonders in Erinnerung geblieben?

Die Freundlichkeit und Gastfreundschaft in gewissen Ländern. Es ist immer ein sehr schönes Gefühl, wenn wir als Reisende von den Einheimischen herzlich willkommen geheißen werden. Ob das nun in Albanien oder Mazedonien war, im Kosovo auf Schwiizerdütsch, in Rumänien oder aber auch in Großbritannien und Irland. Diese Begegnungen sind manchmal nur ein Winken oder ein Daumen nach oben zeigen, gehen aber auch hin bis zu gemeinsamen Essen oder noch beliebter gemeinsamem Trinken. Wenn die Verständigung per Sprache nicht mehr klappt, dann geht Schnaps noch lange. Das erlebten wir sehr oft, beispielsweise in Serbien oder der Ukraine.

Kaum jemand hat schon so viele Länder im Van bereist wie ihr zwei. Welches Land bietet in euren Augen die besten Voraussetzungen zum Reisen im Camper Van?

Das aller einfachste Land für Reisen im Camper und gleichzeitig genau für diese Reiseart auch ein sehr gefährliches Land ist – und jetzt wartet ihr alle auf ein osteuropäisches Land aber nein – Frankreich! Frankreich bietet in fast jedem Ort einen meist kostenlosen Stellplatz mit perfekter Ver- und Entsorgungsmöglichkeit. Viele kleine familiäre Plätze oder die großen Ferienanlagen. Frankreich hat für jeden genau das, was er sucht. Aber so viele Mobilheime auf Rädern locken auch die Organisierte Kriminalität an, die wir so nie auch nur ansatzweise im Balkan oder Osten erlebt haben.

Eigentlich sind fast alle europäischen Länder für Camper-Reisende zu empfehlen. Deshalb anders rum gesagt, schwierige Campingländer sind z. B. der Kosovo, wo es keinen einzigen Stell- oder Campingplatz hat und somit nur Freistehen geht, oder die bulgarische Schwarzmeerküste mit zwar vielen aber wirklich katastrophalen Campingplätzen. Zur Hochsaison ist es in den beliebten Ländern wie Italien, Griechenland oder auch Kroatien echt unangenehm voll. Da sind wir dann jeweils lieber im Inland.

Hand aufs Herz. Campingplatz oder lieber Freistehen?

Es gibt für uns kein besser oder lieber, was diese Frage angeht. Es ist sehr stark vom Reiseland, der Reisezeit und unserer Stimmung abhängig. Wir meiden Ferienanlagen – also riesige Campingplätze. Aber die kleinen familiären Plätze fahren wir sogar sehr gerne an. Das hat dann nichts mit dem Vorurteil “Sardinen-Camping” zu tun, sondern das sind meist sehr natürlich gehaltene, großzügige Flächen mit einfacher aber ordentlicher Infrastruktur und Familienanschluss, der ja auch den Zugang zur Kultur eines Landes ermöglicht.

Wenn die Gesetze sowie die Möglichkeiten es erlauben, stehen wir aber auch gerne frei. Den Skandinavien-Traum vom Freistehplatz ganz alleine am See mit ausgeworfener Angel, Lagerfeuer und gespannter Hängematte durften wir an vielen Abenden genießen und auch diese Plätze lieben wir. Ist in einem Land aber z.B. nur das Übernachten aber nicht Camping erlaubt, stehen wir gerne auf eben diesen familiären Campingplätzen. Denn wir haben keinen Camper, um unsere Abende darin zu verbringen. Wir wollen draußen sein und die Natur genießen, ist das verboten, macht Freistehen auch keinen Spaß.

Gibt es Länder in Europa, welche ihr nach eurer Reise nicht noch einmal besuchen möchtet? Erzählt uns von den weniger schönen Erfahrungen unterwegs in den Ländern Europas!

Na klar gibt es auch solche Länder oder lass uns vielleicht noch besser diese Regionen sagen. An die Schwarzmeerküste von Bulgarien werden wir nicht mehr fahren. Da ist für unseren Geschmack zuviel billig Pauschaltourismus und heruntergekommene Anlagen. Auch ein Land, das wir nun definitiv abgehakt haben, ist Portugal. Klar, die Natur und speziell die Strände sind wunderschön. Das Freisteh-Camper-Problem da unten ist aber echt krass. Kein Busch, indem kein benutztes Taschentuch hängt – und ähm damit wurde nicht die Nase geputzt. Die Einwohner haben vielerorts genug von den chronischen Geldsparern, die sich gerne mal in Supermarkt-Toiletten komplett waschen. Das ist leider genau so ein Land, wo das Freistehen massiv übernutzt wird und bereits drastische Maßnahmen vonseiten des Staates getroffen werden.

Lebt man in einem Camper Van, konzentriert man sich auf das Wesentliche und minimiert das Hab und Gut. Auf welche drei Dinge könnt ihr während einer Reise nicht verzichten?

Auf Strom 🙂 Da wir Reisen und Arbeiten verbunden haben, sind wir auf ausreichend Strom angewiesen. Auf unsere eigene Küche mit dem großen Kühlschrank wollen wir auch auf keinen Fall verzichten. Klar gehen wir auch in Restaurants essen, nur so lernt man die Kultur eines Landes richtig kennen. Aber wir genießen es auch sehr, selber zu kochen und mittlerweile dank Omnia auch selber zu backen.
Hmm… und das dritte Ding? Vielleicht unser Luxus in der Dachbox. Da liegen Schnorchel und Taucherbrillen, ein aufblasbares Kanu samt Paddeln, eine Angelausrüstung und noch viele weitere Alltagsversüsser drin. Genug Stauraum ohne Gewichtsproblem ist schon eine sehr feine Sache.

Damit ein Reisender sich wohlfühlt, gehört ab und an eine ordentliche warme Dusche dazu. Wie sehen eure Duschlösungen im eigenen Camper Van aus?

Lange hatten wir keine Dusche dabei und mussten spätestens alle paar Tage eine Waschmöglichkeit suchen. Eine längere Durststrecke nach eben solchen Möglichkeiten hat uns dann endgültig dazu motiviert, selber etwas zu bauen.

Wir haben eine Solar-Pumpdusche mit 8 Liter Fassungsvermögen. Via Sonnenschein hat sich das Ding zwar noch nie ausreichend erwärmt, doch die Öffnung ist groß genug, um da auch kochendes Wasser einfüllen zu können. So mischen wir uns jeweils eine Wassertemperatur von angenehmen 39 Grad zusammen.
Zum Duschen stehen wir in einen faltbaren Bottich hinein, hängen den Duschvorhang auf und losgeht das Duschvergnügen.

Erst nutzten wir die Dusche nur drinnen, bei zunehmend fallenden Temperaturen haben wir aber auch die Möglichkeit gebaut, in Karl drinnen so duschen zu können. Diese Variante haben wir nun seit über einem Jahr dabei und nutzen sie wirklich sehr oft. Ein bisschen träumen wir noch von einem Wassertauscher, der heisses Wasser direkt vom Motor her in den Innenraum bringt… Träumen darf man ja.

Ihr seid bereits seit vielen Jahren ein glückliches Paar, welches die Leidenschaft für das gemeinsame Reisen teilt. Wie haben sich diese Reisen auf eure Beziehung ausgewirkt?

Wir haben uns vorab nie groß mit diesem Thema beschäftigt und wurden quasi erst durch andere während des Reisens darauf aufmerksam gemacht. Wir kennen uns gut und sind schon sehr lange ein Paar. Dazu haben wir unterwegs gelernt, dass wir unsere Bedürfnisse offen aussprechen müssen. Das heißt dann schonmal: “Bitte lass mich eine Stunde in Ruhe, ich brauche etwas Zeit für mich.” Sowas akzeptieren wir gegenseitig ohne Nachfrage, denn ein Camper kann sehr klein sein und der eigene Raum muss trotzdem bewahrt werden.

Na und wenns mal knallt, dann hätte es das auch Zuhause – zumindest in den meisten Fällen. Vertragen danach ist wichtig. Und was natürlich immer hilft, sind regelmäßige Essenszeiten.

Wir vertrauen uns blind und die Reise hat uns eher noch intensiver zusammen gebracht. Unterwegs sind wir nicht nur ein Liebespaar, sondern gleichzeitig auch beste Freunde.

Eine Langzeitreise finanziert sich bekanntlich nicht von alleine. Wie habt ihr euch auf dieses Abenteuer vorbereitet und wie ermöglicht ihr euch so einen langen Roadtrip?

Uns war sehr wichtig, dass wir die Reise aus eigenen Mitteln finanzieren können. Für zwei Jahre aufzubrechen aber nach zwei Monaten ist das Geld alle, darauf wollten wir uns nicht einlassen. Dazu kommt, dass wir mittlerweile in der digitalen Welt Fuß gefasst haben. Durch verschiedene Tätigkeiten erzielen wir monatlich eine schöne Summe, die uns über die zwei Jahre immer weniger von unseren Reserven aufbrauchen ließ. Zurzeit erweitern wir unsere Tätigkeiten gerade mit Vorträgen und einigen spezifischen Merchandise-Artikeln. Dieses Jahr werden wir zudem noch ein weiteres großes Projekt verwirklichen, wovon wir gerne mehr erzählen, wenn es dann wirklich ganz fix ist.

Pleiten, Pech und Pannen! Erzählt uns von eurem peinlichsten Erlebnis on the road!

Von Pannen hätten wir jetzt ein bisschen was erzählen können, zwar glücklicherweise nicht viel aber wenigstens etwas. Aber unser peinlichstes Erlebnis… das ist schwierig. Wie wäre es damit: Normalerweise stört es uns überhaupt nicht, das Karl schon ein paar Beulen hat und speziell vor dem MFK den ein oder anderen Rostflecken. Im Gegenteil, das ist toll, so denkt niemand, dass da drin was Wertvolles verborgen sein könnte. In Portugal war die Situation dann auf einmal ganz anders. Die vielen kaum noch fahr fähigen Hippi-Mobile hinterliessen bei uns einen bitteren Nachgeschmack und ja, es war uns richtig peinlich rein optisch, schnell in diese Gruppe eingeteilt zu werden.

Ihr seid erfahrene Langzeit Reisende. Welche Tipps und Tricks möchtet ihr an alle Reise Abenteurer weitergeben?

Reisen ist tödlich für Vorurteile. Lasst euch also vorab nicht wahnsinnig machen mit dem ganzen Gerede. Überall leben Menschen wie du und ich. Klar sollte dabei sein, nicht mit seinem Wohlstand zu protzen. Gerade in ärmeren Ländern halten wir uns bedeckt, nehmen auch mal nur eine Kamera mit und tragen kaum Schmuck. Weiter gibt es für jedes Problem eine Lösung. Manchmal sieht man sie gerade nicht, aber die Zeit wird dir deinen Weg zeigen. Also vertrau auch einmal darauf und plane nicht alles akribisch. Vom Weg abkommen ist nicht immer ein Umweg und kann sich manchmal sogar richtig lohnen.

Generell ist Zeit unser höchstes Gut. Wie du mit deiner Zeit umgehst, ist nur dir überlassen und muss auch nur für dich passen. Also blende die ganzen Nebenstimmen einfach aus und mach dein Ding. Nur eines solltest du nie vergessen, der schönste Weg ist meist nie der bequemste.

Ach ja und wer die Gesetze und Regeln anderer Länder kennt, kann sie einhalten und so die Kultur respektieren, die er mit seiner Reise ja kennenlernen möchte.

Momentan befindet ihr euch in der Schweiz und habt Karl erfolgreich durch die MFK gebracht. Wie sehen eure nächsten Pläne für die Zukunft aus?

Seit 1.1.2019 arbeitet Lui 80% als Videojournalist, d.h. er bereitet News tagesaktuell für einen Schweizer Fernsehsender auf – vor und hinter der Kamera. Also quasi die professionelle Weiterentwicklung seiner Tätigkeit bei comewithus2. Steffi bleibt weiterhin 100% für unser Projekt tätig. Wir wollen dieses Jahr intensiv die Schweiz und das nahe Ausland bereisen, sowie drei der vier verbleibenden Länder besuchen: Malta, Island und Liechtenstein. Wir werden nahbarer sein, sprich an einigen Treffen und Messen anwesend sein und so noch intensiver den Austausch mit unserer Community pflegen. Gerade die Vortragsgeschichte bereitet uns sehr viel Freude und gibt uns die Möglichkeit, noch intensiver für Europa und speziell den Balkan und Osten zu werben.

Ja und wenn alles klappt, bleibt am Ende dieses Jahres nur noch eine Frage: Wann und wie bereisen wir Kasachstan. Aber das ist noch zu sehr Zukunftsmusik, wobei die ersten Anfänge gelegt sind. Steffi kennt bereits das kyrillische Alphabet und lernt bereits Russisch…

Wir danken den zwei sympathischen Reislustigen für das ehrliche und ausführliche Interview und wünschen ihnen alles Gute beim Bereisen der letzten Länder in Europa! Wer die zwei verfolgen und auf ihrer Reise begleiten möchte besucht am Besten ihren Blog, Youtube Kanal oder die Social Media Kanäle Facebook und Instagram!