Marokko, Mauretanien, Spanien, Frankreich, Portugal oder auch Island. Debbi hat schon so einiges während ihren Reisen im Van erlebt. Heute erzählt sie uns ihre Geschichte. Wie alles begonnen hat und warum sie nun alleine unterwegs ist, erfährst du in diesem Interview.

Debbi und ihren Youtube Kanal „Hallo Abenteuer“ kennen viele Vanlife begeisterte Menschen. Die letzten zwei Jahre hat sie viel Zeit auf Reisen durch Europa und Afrika verbracht. Von ihren Erfahrungen und Erlebnissen erzählt sie auf ihrem Video Kanal und zeigt dabei nicht nur die schönen Seiten vom Leben im Van. Während ihren Abenteuern hatte sie bereits einige Pannen und schwierige Momente, von denen sie ebenfalls berichtet.

Lange Reisen müssen finanziert werden. Damit sie nach ihrer Trennung von ihrem ehemaligen Freund mit dem Welt entdecken weiter machen konnte, legte sie eine Pause in der Schweiz ein und begab sich wieder ins Arbeitsleben. Während des Sommers beabsichtigt sie ihre Reisekasse wieder aufzufüllen und die Route danach fortzuführen. Nicht nur das. Kurzerhand besorgte sie sich einen neuen Oldtimer Bus. Diesen bereitete sie auf eigene Faust und ohne großes Hintergrundwissen für ihre nächsten Reisen vor.

Kolumbus, das Fahrzeug ihrer Wahl

Kolumbus ist ein umgebauter Transporter von Mercedes. Vielen ist dieses Model auch als Bremer bekannt. Der Mercedes T1 bietet viel Platz sowie einfache und zuverlässige Technik. Das macht ihn zu einer beliebten Basis für Reisefahrzeuge. In Deutschland sind noch viele dieser Vans auf den Straßen anzutreffen. Anders als in der Schweiz. Hier werden diese Fahrzeuge immer seltener. Das ändert aber nichts daran, dass diese Kastenwagen eine solide Basis für jeden Vanlifer sein können.

  • Marke: Mercedes
  • Model: 210
  • Jahrgang: 1994
  • Motorisierung: 2.3l
  • Treibstoff: Benzin
  • Getriebe: Automatik
  • Verbrauch: 13 Liter pro 100 km/h

Debbi erzählt uns ihre Geschichte

Vor bald zwei Jahren hast du dich für ein Leben auf vier Rädern entschieden. Wie kam es dazu?

Zusammen mit meinem damaligen Freund Dominic träumte ich seit Jahren von einer großen Reise. Ich wollte die Welt sehen. Er hat bereits als Kind gecampt und mich dafür begeistert. Wir wollten mit einem Camper um die Welt fahren und begannen Geld zu sparen. Nebenbei begaben wir uns auf die Suche nach dem perfekten Reisefahrzeug und kauften unseren Bus „Fredy“.

Soweit der Traum und der Plan. An dieser Stelle fehlte uns aber noch die wichtigste „Zutat“ für so ein Abenteuer: MUT!! Wir hatten beide gute Jobs, eine schöne Wohnung und ich hatte relativ frisch eine Weiterbildung angefangen. (Die Arbeitswelt in der Schweiz steht ja auf Papiere und Diplome…).

Ich habe Morbus Crohn. Das ist eine chronische, unheilbare Darmerkrankung. Als ich erneut in einen schweren Schub kam und die bisherigen Medikamente nicht mehr wirkten, wurde mir etwas Wichtiges bewusst. Ich weiß nicht, was morgen ist. Niemand von uns weiß das und trotzdem verschieben wir unsere Träume auf „irgendwann“. Wir machen das jetzt – jetzt sofort.

Sofort ist natürlich etwas übertrieben. Wir kündigten unsere Jobs. Ich habe die Weiterbildung abgebrochen. Wir lösten unseren kompletten Hausrat auf und kündigten auch die Wohnung. Fredy bauten wir fertig aus und machten ihn reisefertig. Unser Sparziel hatten wir natürlich noch lange nicht erreicht, aber wir wollten einfach so weit, wie das Geld reichen würde. Jederzeit können wir zurück und uns wieder einen Job suchen. Also was haben wir zu verlieren? Wenn nicht jetzt, wann dann?!

Im ersten Fahrzeug ‚Fredy‘ habt ihr in Europa und Nord-Afrika schon so einige Abenteuer erlebt. Welches Erlebnis hast du besonders gut in Erinnerung?

Irgendwie war die ganze Reise ein Abenteuer mit so vielen tollen Erlebnissen. Da kann ich mich unmöglich auf ein Einziges beschränken. Ich versuche spontan, aus dem Bauch einige aufzuzählen.

Im September auf Island habe ich zum 1. Mal Nordlichter gesehen. Unfassbar magisch! Die Nacht als wir in einer natürlichen, heißen Quelle lagen und stundenlang diesem Schauspiel zuschauten, werde ich nicht vergessen!

Irgendwo im isländischen Hochland lernten wir drei Schäfer mit ihren Pferden kennen und hatten einen feucht, fröhlichen Abend mit traditionellem Volkgesang. Am nächsten Tag halfen wir ihnen mit unserer Drohne, die Schafe in den Bergen zu suchen, damit sie ihren Kater ausschlafen konnten.

Die Zeit mit Eric in Andalusien, wo wir auf unsere neuen Solarpanels warteten. Er nahm uns in seiner Finca auf und zeigte uns seine Heimat. Dominic reparierte im Gegenzug seinen Jeep!

Weihnachten in Marokko mit total sieben Campern irgendwo in Marokko bei einer heißen Quelle. Daraus sind tolle Freundschaften entstanden.

Das Gefühl mit 90 km/h am Strand (Plage Blanche) entlang zu heizen. Nervenkitzel bis zur nächsten Flut und das Gefühl von purer Freiheit.

Unser Wüstenabenteuer in Mauretanien. Über 400 Kilometer entlang der Erzbahn-Strecke durch die Wüste. Keine Straße. Keine Tankstelle. Kein Abschleppdienst. Nur wir, die Wüste und die Eisenbahn!

Das Permakultur-Projekt in einer marokkanischen Schule und der Weg dahin! Die Straße war abgerutscht und wir steckten in einem Tal fest. Eine marokkanische Familie nahm uns zum Abendessen auf. Kommuniziert haben wir ausschließlich mit den Händen und einem französisch / arabisch sprechenden Freund der Familie am Telefon.

Du hast jetzt schon einige Zeit in einem Fahrzeug gelebt und hast viele Erfahrungen auf diesem Weg mitgenommen. Gibt es etwas, dass du vor dem Einzug in den Mercedes Bremer gerne gewusst hättest?

Eine gute, funktionierende Heizung ist viel wert! Auch im Süden!

Zu einem Roadtrip gehören neben den schönen Erlebnissen auch die Pannen und Probleme mit dem Fahrzeug. Wie viele deiner Follower wissen, kennst du diese Momente leider aus eigener Erfahrung. Wie hast du diese Situationen erlebt und wie gehst du damit um?

Davor hatte ich im Vorfeld sehr viel Respekt. Schon nach den ersten paar hundert Kilometer lag Dominic in Frankreich unter unserem Auto und hat auf einem Parkplatz irgendetwas getauscht. Ich weiß nicht mehr, was genau!

In Spanien ist uns ein Teil der Karosserie gerissen und wir mussten zum ersten Mal in eine Garage, um dies schweißen zu lassen.

Die Reparatur hat nicht lange gehalten und einen guten Monat später in Marokko war die gleiche Stelle wieder gerissen. Also erneut in die Werkstatt und es wurde wieder geschweißt.

In Mauretanien dann die schlimmste unserer Pannen. Mitten in der Wüste hat es uns die Vorderachse verbogen! Was ein Horror – quasi Totalschaden irgendwo in der Wüste! Im Schneckentempo schafften wir es zurück in das nächste Dorf und Dominic reparierte provisorisch. Der Allrad war aber dahin und nachdem wir uns eine ganze Weile durch den Sand gegraben haben (ohne Allrad… per Hand… mit Sandblechen), schafften wir es zurück nach Marokko. Mit verbogener Vorderachse fuhren wir noch eine ganze Weile umher. Eine neue Achse dieses Types war nicht aufzutreiben!! Gerettet hat uns schlussendlich eine begabte marokkanische Werkstatt, welche die Achse reparieren konnte und sie dann auch gleich verstärkt hat.

Wenig später ging uns eines der hinteren Radlager kaputt. Komplett in Einzelteilen – keine Weiterfahrt möglich!! Als Ersatzteil dabei hatten wir natürlich nur ein Radlager, das für vorne passt. Aber nicht für hinten. War ja klar. Über Freunde kamen wir darauf, dass Bo (damals kannten wir ihn nicht persönlich) nur ein paar Kilometer von uns entfernt war. Er fährt den gleichen Bus und hatte doch tatsächlich das passende Ersatzteil im Sortiment. Eine marokkanische Bushaltestelle haben wir als provisorische Werkstatt umfunktioniert und Fredy wurde wieder repariert.

Wieder ein paar Tage später, macht der Motor superkomische Geräusche. Unsere Befürchtung auf einen Motorschaden bewahrheitet sich zum Glück nicht. Das Lager vom Alternator war kaputt. Die nächste Werkstatt hat kein passendes Ersatzteil, bastelte aber ein Provisorium. Hält wohl bis heute…

Bei dieser Aufzählung erschrecke ich gerade selbst etwas! So viele Pannen. Aber ein paar Sachen habe ich gelernt. Ersatzteile hast du eh immer die falschen dabei. Ruhig bleiben! Eine Lösung gibt es immer.

Mittlerweile fahre ich selbst alleine ganz entspannt durch die Welt. Und das obwohl sich meine Autokenntnisse auf Ölstand und Reifendruck kontrollieren beschränken.

Richtung Afrika ging es damals mit einem Hund los, zurückgekommen seid ihr mit zwei. Wie lebt es sich zusammen mit zwei Hunden auf so engem Raum? Welche Herausforderungen bringen die beiden Vierbeiner so mit sich?

„Viel Hustier bedütet viel Liebi und vil Dräck!“. Oder wie war diese Werbung?! Ich liebe meine beiden Monster und würde sie auf keinen Fall hergeben. Aber sie machen schon viel Dreck! Staub, Sand, Haare, Matsch, Nässe und Co. kumulieren sich auf kleinem Raum einfach noch schneller…

Zudem finde ich es in Städten manchmal schwierig, aber ich bevorzuge selbst auch die Natur. Über den Papierkram und die Gesundheitsvorsorge muss man sich im Vorfeld der Reise einfach informieren!

Nach der Reise durch Marokko und Mauretanien haben sich die Wege von dir und deinem damaligen Freund Dominic getrennt. Wie hat sich diese Veränderung auf dein Leben ausgewirkt?

Es war hart! Eine Trennung nach fast 5 Jahren Beziehung geht wohl an niemandem spurlos vorbei. Zudem hatte ich auf einen Schlag kein Zuhause mehr. Fredy blieb bei Dominic. Ich stand mit zwei Hunden und etwas Klamotten vor der Tür meiner Mama. Nach 6 Jahren Selbstständigkeit ein blödes Gefühl!

Liebeskummer, Zukunftssorgen und Ratlosigkeit – eine schwierige Kombi! Aber ich habe schlussendlich superviel gewonnen aus dieser Krise! Keine zwei Wochen später konnte ich vorübergehend das Häuschen eines Freundes, welchen wir erst in Marokko kennengelernt hatten, mieten und da einziehen. Eine weitere Woche später meldete sich mein alter Arbeitgeber und stellte mich temporär wieder ein. Und noch ein paar weitere Wochen später fand ich im Internet meinen neuen Bus Kolumbus.

Zurück in der Schweiz hast du wieder gearbeitet. Zeitweise während dem du in deinem neuen Van „Kolumbus“ gelebt hast. Wie hast du die Zeit mit einem festen Job, aber ohne festes Zuhause gemeistert?

Als ich in den Bus einzog, war das noch mehr eine Baustelle. Wasser, Heizung und Co. kamen erst später. Aber die Zeit war toll! Ich habe Orte in meiner Heimatregion kennengelernt, die ich sonst wohl nie entdeckt hätte. Dankbar habe ich aber auch die Angebote von Freunden & Familie auf eine Dusche oder Waschmaschine immer wieder angenommen.

Bei meinem Arbeitgeber wussten irgendwann viele Bescheid. Dort gab es zum Glück auch eine Dusche – sehr praktisch!! Die Firma hatte nur wenig eigene Parkplätze und auf einem Nachbargelände einige weitere dazu gemietet. An einem der ersten Tage wo mein alter Bus auf dem Parkplatz stand, kam ein Telefon ins Geschäft: „Bei euch steht ein Zigeuner auf dem Parkplatz…“.

Du behauptest von dir selbst, dass du kein handwerklicher Alleskönner bist. Und doch musstest du an Kolumbus noch einiges verändern, bevor du mit ihm auf Reisen gehen konntest. Wie war es für dich, diese Arbeiten ohne umfassendes Know-how oder Werkzeug zu erledigen?

Mein Werkzeug beschränkte sich anfangs auf Kabelbinder und Panzertape. Ich habe mit dem Umbau sehr vieles dazu gelernt… Mittlerweile fahre ich zwei volle Boxen Werkzeug und Material umeinander – hat sich irgendwie angesammelt. Zudem konnte ich bei lieben Freunden immer wieder Werkzeug ausleihen. Meist auch mit Schulung!

Manchmal war ich der Verzweiflung wirklich nahe. Zum Beispiel, als ich ein überstehendes Kabel einfach abgeschnitten habe und dann meine komplette Strominstallation nicht mehr funktionierte. Ein befreundeter Elektriker hat mich gerettet. Ich weiß jetzt, dass ich Sicherungen habe und wo die sind! Zudem war ich nach einem Vortrag über Volt, Ampere und Co. um einiges schlauer. Und ich musste versprechen, keine Kabel mehr abzuschneiden!

Für die Wasserinstallation brauchte ich eine Ewigkeit. Habe mindestens 3 verschiedene Mitarbeiter im Campingzubehör beschäftigt und schlussendlich hat es doch getropft. Also alles nochmal auseinander. Und das ein Gas-Boiler genügen Stromspannung braucht, um anzulaufen, hat mir dann irgendwann auch jemand gesagt.

Die Sitzbank habe ich gefühlt 4x zusammengebaut und wieder auseinandergenommen. Und der Mitarbeiter vom Holzzuschnitt begrüßte mich irgendwann auch mit Namen. Wer bringt schon Bretter zurück, um sie einen weiteren Zentimeter kürzen zu lassen?! Richtig Mass nehmen ist eine Kunst!

Man kann alles lernen, wenn man will. Und Hilfe annehmen, ist keine Schande! Auch wenn mein Bus nicht perfekt ist, ich bin stolz auf alles, was ich selbst geschafft habe. Und fertig ist er ja noch lange nicht…

Kolumbus ist ein älterer Mercedes Bremer Bus. Warum hast du dich für dieses Fahrzeug entschieden?

Es war schlicht das einzige Fahrzeug, das ich bereits einigermaßen kannte. Die Masse sind zudem für mich perfekt und ich finde auch in der Stadt locker einen Parkplatz. Und ich finde die sogenannten „Bremer“ einfach süß!!

Freddy, euer erster Bus, war ein 4×4 Fahrzeug. Nun bist du ohne Allrad Antrieb unterwegs. Hat diese Veränderung einen großen Einfluss auf dein Verhalten on the road?

Naja… ich habe mich bereits zwei Mal festgefahren. Das eine Mal konnte ich mich selbst wieder befreien. Beim anderen Mal steckte Kolumbus ziemlich blöd fest. Die Gendarmerie und der französische Pannendienst halfen mir bei der Lösungssuche und nach über 24 Stunden konnten wir den Bus doch noch heile bergen.

Also ich bin vorsichtiger… Die Hecksperre hat mich schon ein paar Mal gerettet und in Marokko will ich die Federn noch verstärken lassen. Auf die Erfahrung im Sand bin ich gespannt, da wird der 4×4 wohl sehr fehlen!

Mittlerweile bist du wieder in Südeuropa unterwegs. Doch nun alleine als Frau auf Reisen. Wie ist das für dich? Fühlst du dich sicher?

Es fühlt sich total gut an! Ich habe alle Freiheit und muss lediglich auf meine beiden Vierbeiner Rücksicht nehmen. Seit ich alleine unterwegs bin, lerne ich viel mehr und schneller neue Leute kennen. Und ja, ich fühle mich sehr sicher. Wenn mein Bauchgefühl an einem Stellplatz nicht stimmt, fahre ich einfach weiter.

Ich glaube alle anderen machen sich mehr Sorgen um mich, als ich um mich selbst. Den hysterischen älteren Tankwart in Italien werde ich so schnell nicht vergessen. Nachdem ich bezahlt habe, kam er angerannt und hielt mich von der Weiterfahrt ab. Ich musste ihm dann mehrfach erklären und bestätigen, dass ich richtig Benzin getankt habe und kein Diesel brauche.

Hat dich die Zeit, in der du unterwegs warst, in irgend einer Form verändert oder geprägt?

Ich glaube mehr, als dass ich es mir bewusst bin. Dies habe ich insbesondere festgestellt als ich vorübergehend zurück in meinem alten Job und in einem Haus war. Ich wurde selbstbewusster und gelassener. Zudem bringt mich so schnell nichts mehr aus der Ruhe!

Welchen Tipp würdest du Menschen mit auf den Weg geben, die ebenfalls gerne in ein Fahrzeug einziehen möchten?

Einfach machen! Die größte Hürde ist in unserem Kopf. Wenn es dir nicht gefällt, kannst du jederzeit zurück. Wenn nicht jetzt, wann dann?!

Wir danken Debbi für dieses herzliche und ehrliche Interview. Es war uns eine Freude, die obigen Fragen zu stellen und die Antworten zu lesen. Wenn du noch mehr über Debbie und ihre Reisen erfahren möchtest, verfolge sie über ihren Youtube Kanal, Instagram oder ihre Facebook Gruppe.