Das sympathische Schweizer Paar Nicole und Pit lebt und reist seit Mai 2018 in ihrem VW Bus. Mit großer Leidenschaft bereisen sie die Welt in ihrem mobilen Zuhause namens ‚Piccolo‘. Zusammen haben sie ihre Wohnung geräumt, ihre Jobs gekündigt und ihren Besitz minimalisiert. Sie genießen die gewonnene Freiheit in der Natur und leben ihren lang ersehnten Traum auf Rädern. Unsere Wege kreuzten sich zufälligerweise auf den weiten Strassen von Norwegen und wir haben den beiden einige Fragen gestellt. In diesem Interview erzählen sie nun ihre Geschichte und weshalb sie in der Schweiz alles hinter sich gelassen haben.

Nicole und Pit reisen mit ihrem gelben VW Bus durch Europa. In den letzten sechs Monaten erkundeten sie neben Deutschland und Island auch die weiten Landschaften der Skandinavischen Ländern. Mit ihrem 4×4 Bus genießen sie das Leben on the road und lernen am liebsten die verschiedenen Kulturen ihrer Reiseländer kennen. Sie haben bereits 25.000km hinter sich und haben dabei schon so einiges erlebt. Im Moment sind sie auf dem Weg in den Süden, wo sie den Winter in Marokko verbringen werden.

Das Reisefahrzeug der Swiss Overlander

Mit dem VW Bulli hat Volkswagen ein Fahrzeug geschaffen, das über Generationen hinweg als der Inbegriff von Freiheit gilt. Auch Nicole und Pit sind mit einem VW Bus unterwegs. Allerdings nicht mit einem der Ur-Bullis. Sie haben sich für eine neuere Version den T5.2 mit Hubdach entschieden.

  • Marke: VW
  • Model: T5.2 Transporter
  • Jahrgang: 2015
  • Motorisierung: 2 Liter Turbo
  • Treibstoff: Diesel
  • Getriebe: Schaltgetriebe
  • Verbrauch: 8 – 9 Liter
  • Fahrzeugausbauer: Werz Wohnmobile

Nicole und Pit erzählen aus ihrem Leben

Ihr wart schon viel auf Reisen bevor ihr euch für einen Van entschieden habt. Wie seid ihr davor gereist?

Ganz unterschiedlich. Das war immer abhängig von der aktuellen Lebensphase 😊. Als wir noch jünger waren, reisten wir mit Zelt und Auto oder Motorrad oder mit Rucksack und ÖV. Danach folgte die komfortablere Phase mit Mietauto und einchecken im Hotel oder B&B oder wir mieteten uns ein Wohnmobil. Im Jahre 2014 kauften wir uns dann unser erstes eigenes Wohnmobil. Einen alten vollintegrierten Hymer, 6 Meter lang. Darin hatten wir sehr viel Platz. Ein Jahr später reisten wir für ein halbes Jahr nach Südamerika (ohne Wohnmobil) und kauften uns vor Ort einen Nissan Pathfinder 4×4, bauten ein Bett rein, kauften einen Campingkocher, Geschirr und zwei Campingstühle und los ging die Reise. Wieder zu Hause war uns dann das Wohnmobil zu groß und wir schauten uns nach einem kleineren und kompakteren Reisemobil um. Das war dann unser heutiger Van Piccolo.

Eine Langzeitreise im Van ist etwas Besonderes. Was hat euch zu diesem Lifestyle bewogen?

Reisen war schon immer unsere Leidenschaft. Wir haben immer wieder längere (oder kürzere) Trips unternommen. Doch nie länger als ein halbes Jahr. Wir wollten unabhängiger Reisen, ohne definiertes Enddatum. So lange wir Lust (und Geld) haben. Und das tun wir jetzt. Wir sind schon in einem ‘fortgeschrittenen’ Alter (45 und 47), haben keine Kinder und haben keinerlei Verpflichtungen. Wir lieben es in der Natur zu sein, fremde Länder und Kulturen zu entdecken und uns einfach treiben zu lassen. Und das am Liebsten in unseren eigenen vier Wänden. ‘Vanlife’ bietet sich dafür super an. Wir haben unser mobiles zu Hause mit allem was wir zum Leben brauchen. Und es ist auch kostentechnisch interessant, denn man braucht viel weniger Geld als viele denken.

Und dann ist da noch die gesundheitliche Komponente. Niemand weiss, wie lange er auf dieser Welt sein darf oder wie lange er noch gesund bleiben darf. Deshalb war es für uns keine Option die Pensionierung abzuwarten sondern wir wollten JETZT los ziehen, bevor es zu spät ist …. Was wir gesehen und erlebt haben kann uns keiner mehr nehmen.

Das Nordkap habt ihr bereits erreicht. Wie geht es weiter?

Das Nordkap waren ursprünglich gar nicht unser erstes Ziel. Wir wussten dass wir nach Island nach Norwegen fahren werden. Ob wir es bis ans Nordkap schaffen werden, wussten wir nicht. Das hat sich mit der Zeit ergeben. Jetzt zieht es uns in den Süden nach Marokko. Auch dieses Ziel hat sich auf der Reise ergeben. Wir planen nicht allzu weit voraus. Nach Marokko haben wir noch viele Ideen, sowohl in Europa als auch auf anderen Kontinenten. Beispielsweise die Balkanstaaten, von Süd- nach Nordamerika fahren, die Seidenstrasse, Australien (da waren wir schon 2x aber diesmal mit dem eigenen Van), Südostasien um einige zu nennen.

Wie haben euch die letzten Monate auf Reisen verändert?

Wir sind sicher entspannter als vor unserer Abreise, ansonsten haben wir uns aber persönlich nicht groß verändert (glauben wir jedenfalls). Unsere Lebensgewohnheiten haben sich allerdings schon verändert: wir schlafen viel mehr, wir essen bewusster, wir bewegen uns öfters und wir sind immer an der frischen Luft.

Auf solchen Roadtrips kann man viele wunderschöne Erfahrungen machen. Welche Erinnerungen sind eure liebsten und auf welche hättet ihr verzichten können?

Schöne Momente gab es sehr viele. Das sind z.B die vielen Begegnungen mit anderen Reisenden oder Einheimischen und natürlich die Nordlichter in Norwegen. Das war etwas sehr Spezielles und Magisches. Verzichtet hätten wir gerne auf den vielen Regen in den letzten 5 Monaten.

Reisen und leben auf so engem Raum ist nicht immer einfach, da kann man schon mal an seine Grenzen stoßen. In welchen Situationen kommt ihr an eure Grenzen?

Kam bisher zum Glück noch nie vor. Nur wenn Nicole Hunger hat oder bei Vollmond dann wird es kritisch… 😊. Aber das legt sich dann relativ schnell wieder…

Was gibt euch die Stärke in schwierigen Momenten weiter zu machen?

Unser Einstellung ist ‘geht nicht gibt’s nicht, geht schwer oder anders…’. Wir haben bisher schon viele Probleme gelöst gemeinsam oder jeder für sich selbst. Es gibt immer einen Weg, damit es weiter geht. Manchmal muss man einfach ein bisschen warten und dann sieht man die Lösung 😊.

Die VW Bullis sind für viele Generationen ein Symbol der Freiheit. Was hat euch an diesem Bus so gut gefallen, dass ihr euch dafür entschieden habt?

Nach unseren Erfahrungen mit dem Hymer und dem Nissan in Südamerika, wussten wir ziemlich genau was wir wollten und auch was wir nicht wollten. Danach suchten wir ein entsprechendes Auto. Mit Piccolo war es Liebe auf den ersten Blick. Er hatte alles was wir uns vorgestellt hatten und noch ein bisschen mehr… Klein, kompakt, cleverer Innenausbau, Schiebetüre zum großen Garten, Heizung, Solarpanel, 4×4. Einzig den Warmwasser-Boiler mussten wir nachrüsten. Wir sind Warmduscher…

Ein Allrad Antrieb ermöglicht außergewöhnliche Abenteuer. Welche Schotterpisten Erfahrungen habt ihr mit dem Syncro Bulli gemacht?

Wir sind bis jetzt nur einmal heftig stecken geblieben so dass wir auf fremde Hilfe angewiesen waren. Das war in Norwegen auf Senja. Wir hatten dann eine nette Norwegerin die in der Nähe gebeten uns mit ihrem 4×4 heraus zu ziehen. Ansonsten konnten wir uns immer selber frei schaufeln. Unser Piccolo ist für unsere Bedürfnisse ein super Auto und wir kennen die Grenzen mittlerweile schon viel besser als zu Beginn. Aber stecken bleiben gehört irgendwie dazu

Erst auf Reisen lernt man, was man in einem kleinen Zuhause wirklich braucht und haben möchte. Welche Dinge würdet ihr gerne verändern?

Mehr Akkuleistung und ein zweites Solarpanel. Wir sind mit unserem Boiler und den vielen Gadgets an die Grenzen gestossen. Das werden wir auf dem Weg nach Marokko nachrüsten. Sonst eigentlich nichts.

Reisen mit einem Van bietet das Potential für eine Panne oder Probleme. Welche Komplikationen haben euch schon zu einem Stopp am Strassenrand oder zu einer längeren Pause gezwungen?

Die längste Pause war, als wir auf Senja im Schlamm stecken geblieben sind. Nach 2 Stunden waren wir wieder fahrbereit. Ansonsten konnten wir immer fahren. Wir hatten zu Beginn unserer Reise über Wochen sehr laute Motorengeräusche. Verschiedene Garagen konnten uns nicht helfen, der Motor war in Ordnung. In Island haben wir uns dann selbst unter das Auto gelegt: die Ursache war ein Werkzeug vom letzten Service zwischen Ölwanne und Schutzplatte unter dem Motor.

Ein Leben in einem kleinen Fahrzeug mit begrenztem Raum bietet Platz für Konflikte. Wie hat sich das Reisen im Bulli auf eure gemeinsame Beziehung ausgewirkt?

Wir denken gar nicht und wenn nur positiv. Wir kennen uns schon ein paar Jahre und waren auch schon länger gemeinsam auf Reisen.

In einem Bus zu wohnen, bedeutet oft an vielen Stellen auf Komfort und Luxus zu verzichten. Was vermisst ihr aus eurem früheren Leben?

Materielles vermissen wir gar nichts. Wir haben alles im Bus was wir zum Leben brauchen. Unser Luxus ist die Freiheit in unserem Bus zu leben und die Tage selbst gestalten zu können. Was wir natürlich vermissen sind Familie und Freunde. Oder mal ein Raclette 😊.

Nach dem eigenen Projekt weiss man immer mehr als davor. Wenn ihr in der Zeit zurück und das Projekt mit dem bestehenden Wissen starten könntet, was würdet ihr anders machen?

Wir würden viel langsamer Reisen und mehr Zeit an einem Ort und in einem Land verbringen. Das haben wir uns für die Weiterreise vorgenommen.

Reisen im Bulli bedeuten, dass man viel Zeit im Freien verbringt. Wie sieht für euch das ideale Wetter aus?

Grundsätzlich sagt man ja es gebe kein schlechtes Wetter, nur schlechte Ausrüstung. Das stimmt grundsätzlich. Wenn es allerdings pro Woche an gefühlten 6 von 7 Tagen regnet, wie es in Island der Fall war, erachten wir das nicht mehr als ideal. Ansonsten sind wir nicht so wählerisch.

Nicole und Pit, vielen Dank  für das Beantworten der Fragen! Wer mehr über die zwei und ihren Bulli erfahren möchte, findet auf ihrer Website viele weitere spannende Informationen. Auch auf Facebook, Instagram und Youtube sind die beiden Reisenden unterwegs und berichten von ihrem Abenteuer.